Hafensuche im Oktober - Teil 2

Der Herbst - die Fahrsaison ist vorbei, Fahrten in die maritime Welt des Nachbarlandes ruhen eigentlich zu dieser Zeit. Nicht so in ´24! Lange gereift, jetzt aber reif für eine Entscheidung: ELAN bekommt einen neuen Liegeplatz für Sommer und Winter. Schon am letzten Samstag wurde ein Hafen im Zielbereich besichtigt, das war der Jachthaven Bovendiep (klick) in einer Bucht am Amsterdam-Rhijnkanaal kurz vor dem IJ und damit nah am Zentrum der großen Wasserstadt. Es gibt da aber in Summe noch 7 (!) weitere Häfen eng beieinander, davon zwei Wassersportvereine. Die kommerziellen Häfen habe ich seit letztem Samstag angeschrieben. Geantwortet hatten Tineke Bakker und T ´Einde, letzterer mit einem interessanten Preisgefüge, deutlich unter dem Angebot bei Bovendiep. Da fahre ich an einem Donnerstag einfach mal hin. Der Hafen liegt am Ende einer schmalen Landzunge, unmittelbar neben und unter der großen Autobahnbrücke der A10. Das ist natürlich keine romantische Idylle hier, hat aber was. Und, wie schon erwähnt, von hier kann man unmittelbar ohne Hindernis auf Tour gehen. 



Das Havenkantoor steht quasi auf dem Kanaldeich. Es gibt eine Zufahrt mit Tor, dahinter das für die Häfen hier übliche und mit den Jahren gewachsene bauliche Chaos. Ich komme mit einem Mitarbeiter in Kontakt und trage mein Anliegen vor. Er korrigiert gleich die Kalkulation nach oben, weil ELAN ja nun mal keine kurze Schaluppe ist. Alles bleibt aber im Rahmen, ist immer noch relativ günstig.

Der Platz C17 sei ab Sommersaison `25 frei, schaue ich mir an. Die Metallstege sind solide, es gibt einen Fingersteg - das würde hier passen.


Kurzer Blick in das kleine Sanitärgebäude, überraschend frisch und sauber.

Also Entschluß: Hier kommt das Boot ab April hin. Es gibt einen Handschlag, ein Vertrag wird in den nächsten Tagen online gemacht, eine Last fällt ab. Ich mache noch einen kurzen freien Trip, fahre mit dem Auto in die Oostelijke Eilanden, das alte Hafengebiet östlich des Zentrums. An der Veemkade gibt es das Winkelcentrum Brasilie direkt am Wasser des IJ. Darin ist der Vishandel Peter Tol eine gesetzte Qualitätsadresse für Fisch. Hier war ich schonmal mit dem Rad vor zwei Jahren auf einem Solotrip vom Boot in Nederhorst aus (klick). Damals wie heute ist das Haringsbroodje eine Genußbombe.



Neuer Platz für ELAN - vielleicht...

ELAN steht seit einer Woche wie jedes Jahr "op de kant" auf dem Gelände der Jachtwerf Weesp (klick). In der 9. Saison nun folgen wir dem Rhythmus: 6 Monate Sommerhafen Spiegelzicht auf dem Spiegelplas, 6 Monate Winterquartier in Weesp. Man gewöhnt sich daran, hat Rituale liebgewonnen, findet Sicherheit im Vertrauten - quasi wie in einer alten Ehe. Aber es geht vielleicht noch was. Wir sprechen schon länger über einen Wechsel, denn der schöne See an der Vecht in Nederhorst hat auch seine Nachteile. Die Schleuse auf den Fluß ist ein Nadelöhr, bis 12.00 muß man da durch sein, zurück in den Hafen geht es erst ab 17.30. Das führte in den ganzen Jahren einerseits zu Streß, andererseits zu Wartezeiten. Andere Häfen in der Nähe sind durchweg Vereinshäfen mit jahrelangen Wartezeiten. Die Jachthäfen unten bei den Loosdrechter- und Vinkeveener Plassen sind doch sehr randständig bezogen auf unsere Ziele und Touren, die wir in den letzten Jahren so gemacht haben. Man könnte natürlich einen kompletten Wechsel machen, umziehen nach Südholland oder nach Friesland. Gerade letzteres lockt mit viel Wasser und guter Infrastruktur für das Freizeitskippern. Also was tun?


Vielleicht doch "in der Nähe" bleiben und einen zentraleren Platz im gewohnten Fahrgebiet suchen? Kurz vor dem Ende des Amsterdamrhijn-Kanaals und am Beginn des Amsterdamer Hafengebiets liegen einige Jachthäfen, wir sind schon öfter mit dem Boot daran längs gefahren. Einer davon ist Bovendiep, eine große Anlage, ich hatte mit dem Chef dort - Henk - per Mail Kontakt aufgenommen. Also fahren wir am 12.10. nach Amsterdam und schauen uns das mal an. Es ist schon sehr urban dort, rundum entstehen neue Stadteile auf altem Gelände oder neu aufgesandetem Boden. Im Bereich der Häfen herrscht aber eine wilde Mischung: Hausboote, ein großer Camping, dazwischen auch Amsterdamer Schmuddelchaos. Wir treffen Henk im Office und große Überraschung: Er ist Asiate, in einem Schmuddelchaosbüro versteckt hinter Computer und drei Monitoren, der zunächst vorgibt, nur Japanisch und Französisch zu sprechen. Doch dann geht es in reguläre Bahnen der Konversation und in englischer Zunge werden Verhandlungen begonnen und schließlich der ab April freie Liegeplatz A14 besichtigt. Da liegt z. Zt. noch ein in den Maßen mit ELAN vergleichbares Boot. Sehe ich uns da?

Hier mal eine Übersicht zur Lage: Wir sind hier sehr nahe am Zentrum der großen Wasserstadt. Die ersten Meter gehen immer über den Kanal, südlich bis Weesp eine knappe Stunde, nördlich nur eine kurze Strecke bis zum IJ, der Sixhaven ist nur 6 Kilometer entfernt, ohne jegliche Brücken - und Schleusenwartezeit. Fahrten in Richtung Nordholland und über den Noordhollandkanal oder die Zaan können von hier ohne angezogene Handbremse gestartet werden. Auch in Richtung Süden über die Amstel ist man fix.


Großer Nachteil: Die Kosten hier direkt bei der Stadt sind deutlich höher. Für Sommer- und Winterlager plus obligatorischer Parkerlaubnis auf dem Gelände sind per Anno genau 1000€ mehr fällig. Erst alles mal sacken lassen. Wir fahren über das IJ, stellen das Auto beim Landmarkt ab und laufen über den Deich bis Durgerdam. Vorne am Nordufer liegen alte Frachter als Dauerlieger hier zum Wohnen.


Durgerdam ist ein ganz feines Deichdorf mit ikonischer Kulisse. Wir waren schon oft hier, auf der Rückfahrt von Egmond war das jahrelang der letzte Blick auf holländische Idylle.


Vor zwei Jahren war ich genau hier, auf einer Radtour vom Boot in Nederhorst mit Blicken nach Westen in die untergehende Sonne (klick).


Im Landmarkt nehmen wir einen kleinen Imbiss und kaufen für das Wochenende ein. Vor endgültiger Entscheidung nochmal gründlich nachdenken...






 

Saisonende Anfang Oktober - Letzte Fahrt geht nach Muiden

Anfang Oktober - die Saison 2024 mit ELAN geht zu Ende mit einer letzten Minitour mit einer Übernachtung. Am 3. Oktober fahren wir nach Nederhorst, steuern das Boot aus dem Hafen heraus auf den See und in die Schleuse.


Da begegnet uns ein selbstfahrendes Hausboot, sieht man selten. Als Antrieb hängt hinten ein kleiner Außenborder dran.


Das Wetter ist herrlich, ein herbstliches Hoch schafft einen weiten hellen Himmel. Eine frische Brise paart sich mit wärmender Sonne.

Hollandse Luchten über dem Schilfufer der Vecht, reine Landschaftspoesie.


Am Ufer in Richtung Weesp ein Bunker der Holländischen Wasserlinie, jetzt umgebaut in ein Freizeithaus mit Dachterrasse.


Ein frisch-würziger Weißer, gerade importiert aus Mallorca, begleitet die schöne Fahrt.


Die Kulisse von Weesp ist nach 40 Minuten erreicht - wir passieren die Lange Vechtbrug.


Vor der Jachtwerft Bruin liegt die Stern, das Fährboot für die Überfahrt nach Pampus ist für dieses Jahr schon außer Betrieb.


Dann laufen wir Muiden an, die alte Monumentenstadt an der Mündung der Vecht.


Immer wieder eine beindruckende Kulisse, das Zentrum bildet die große historische Groote Zeesluis mit ihrer charakteristischen Drehbrücke. Die Anlage ist über 200 Jahre alt und markierte früher einen wichtigen Übergang für Handelsboote von der Zuiderzee ins Binnenland. Für Handelsschiffe ist die Vecht seit dem Bau des Amsterdamrhijn-Kanaals uninteressant. Heute dominieren die Freizeitskipper.


Links die weit in den Flußragenden Jachten von Lengers, rechts das Kasteel Muidersloot aus dem 14. Jh.

Für die zweite Übernachtung laufen wir kurz vor der Vechtmündung den Hafen der Koninklijke Nederlandse Zeil- en Roeivereniging, kurz KNZRV.an. Hier waren wir auch schon öfter (klick). Wir machen am Meldsteiger fest und haben Glück: Der Groene Draek, das historische Boot von Beatrix liegt an der Kade. Schon zweimal waren wir dabei, als die EX-Königin von hier zu einer Tour auf das Markermeer auslief (klick).



Die KNZRV wurde 1847 gegründet und ist damit die älteste Wassersportvereinigung der Niederlande. Von Anfang an war das ein Honoratiorenklub reicher Amsterdamer. Man hielt guten Kontakt zum Königshaus und machte die damaligen Prinzen zu Ehrenmitgliedern und Koning Willem II zum Schirmherren. Das wird bis heute so beibehalten, alle Regenten und Regentinnen des Hauses Oranien waren und sind hier in das Klubgeschehen involviert.
 



Wir kaufen ein, bummeln durch den Ort und verbringen etwas ruhige Zeit an Bord. Am Abend dann zum Dinner an den Fluß. Die untergehende Sonne zaubert Herbststimmung über die historische Kulissse,


Bei den Lokalen hier hat es hier einige Veränderungen gegeben. Das feine Restaurant De Doelen gibt es leider nicht mehr (klick), auch das Graf Floris ist dauerhaft geschloßen und in der Brasserie Herengracht residiert seit kurzem das Steakhaus Piet de Leeuw. Das wollen wir mal ausprobieren. Vorspeisen und Steaks präsentieren sich in solider Zubereitung.


Ein Absacker dann im Ome Koo nebenan. Das ist eine kultige Konstante, existiert hier immerhin seit 1810.


ELAN unterm Sternenhimmel, eine ruhige, wenn auch kalte Nacht verbringen wir friedlich. Unter Deck läuft der klein Heizlüfter durch.


Sonnenaufgang und der frühe Morgen, immer eine magische Zeit in den Häfen. Es ist still, kein Wind weht. In nur wenigen Boot wurde übernachtet - wir sind ganz für uns.




Wir brechen auf gegen 10.30. Es ist nur eine kurze Strecke, ELAN soll ja direkt in der Jachtwerf Weesp bleiben. Da sind wir zwar für heute nicht direkt angemeldet, was kurzeitig für Irritation sorgt, aber man ist hier flexibel und hebt das Boot wenig später aus dem Wasser.


Es ist alles busy auf dem Gelände: Eigner arbeiten an ihren Booten, es wird geflext, gestrahlt und gepinselt. 


Wir laufen derweil zurück nach Nederhorst und holen das Auto. Zurück in Weesp steht ELAN schon "op de kant". Ich klettere an Bord und hole Kissen, Decken, Geschirr etc. aus dem dem Boot.


Die Stelle ist ideal, z. T. sogar im Bereich der Überdachung. Fraglich, ob das Boot hier stehen bleibt. Abwarten, denn wie jedes Jahr ist noch ein weiterer Besuch für das Aufbringen der Plane erforderlich.