Warmer Juni in Weesp 27./28. Juni ´18

Nach der 3-Tagestour hoch nach Monnickendam am letzten Wochenende mit eher kühl-windigem Wetter ist Ende Juni der Sommer zurück. Das Boot lockt, zwei Tage an der sonnigen Vecht von Mittwoch auf Donnerstag ergeben sich, zusammen mit Klaus, zuverlässiger, mit Boots- und Tauhandling gut vertrauter  Vollmatrose. Erst ein schneller Einkauf im AH in Nederhorst, dann die Schleusung am Mittag. So schön der Moment, wenn sich nach diesem Manöver die Vecht zeigt. Links oder rechts ist dann immer die Entscheidung. Wir  tuckern heute in Richtung Weesp. Ganz ruhig. Das Motto ist "Kein Streß - einfach genießen".
Ortsdurchfahrt Weesp, vertraute Kulisse. Der Ort öffnet sich schön zum Fluß, Holland pur...


Dann Muiden, wie immer herrliche Passage durch die alte Monumentenstadt.


Schleusenstation in der Groote Zeesluis, ein Traditionsübergang in das Ijjselmeer. Die prächtige Anlage ist alt, aus den Zeiten als das große Wasser nördlich noch die Zuiderzee war.


Auffällig viele Mietboote sind unterwegs, die Vecht ist beliebtes Revier im Sommer. Vor allem sieht man die weißen Pötte von Le Boat fahren. Auf dem Bild oben geht in der Schleuse eins quer direkt gegenüber vom Ome Ko.


Vorbei am Kasteel Muidersloot Ausfahrt raus zur Festungsinsel Pampus, drei Kilometer auf offenem Wasser. Ein kräftiger Wind von Norden baut spritzige Welle von vorn auf.



ELAN am Steiger auf Pampus! Da war sie schon zweimal im letzten Jahr: erst auf dem Weg nach Monnickendam (klick) und dann als Tagestour im September (klick).



Auf Pampus gibt es eine kleine Jause auf dem Boot, dann wieder zurück. Wind und Welle kommen jetzt von hinten und schieben ELAN regelrecht. Die Rückfahrt nach Muiden dauert nur halb so lang.


Bei der Schleuse in Muiden dann eine Besonderheit. Die Drehbrücke an der Südseite hat nach Wasserkarte eine reguläre Durchfahrtshöhe von nur 2 Metern. Zu tief für ELAN, zur Schleusung gehörte also bisher immer die Öffnung der Brücke. Heute weist mich der Schleusenmeister an, den Mast einzuklappen und einfach zu passieren. Die Höhe würde reichen, weil der Wasserstand der Vecht z. Zt. entsprechend niedriger sei. Und es klappt tatsächlich. Ganz links, wo der Unterbau der Brücke etwas flacher ist, passen wir durch.


Zurück in Weesp - kurz hinter der Lange Vechtbrug liegt der Jachthaven der Watersportvereniging “De Vecht”. Den wollte ich mir immer schon mal anschauen. Wir beschließen, hier als Passanten die Nacht zu verbringen.


Die Aufnahme ist superfreundlich, man ist hier wirklich "van harte welkom". Es gibt ein schönes Clubhaus, quasi eine gemütliche Kneipe mir Außenterasse. Mevrouw van den Berg macht hier Havenmeester und Wirtin. Deutschland ist gerade in der Vorrunde gegen Südkorea aus der WM geflogen, wir bestellen darauf erstmal zwei große Amstel.
Am Steiger liegen neben ELAN zu beiden Seiten Boote aus der ONJ Werft hier aus Weesp. Das ist eine kleine aber feine Manufaktur, die nach dem Motto "vorm volgt functie" entwerfen und produzieren. Es gibt offene Sloeps und Tender und mit Kajüte den Typ Werkboot und Loodsboot. ELAN macht neben den beiden gleich langen Werkbooten eine gute Figur, wirkt mit ihren 40 Jahren hier gar nicht alt, hat sogar formale Verwandschaft in Rumpf und Aufbau.


Der Hafen hier wäre auch was für ELAN als Dauerliegeplatz. Gibt aber eine Warteliste hier, Ortsbürger werden bevorzugt.
Zum Dinner rein nach Weesp, diverse Restaurantjes locken da, den Absacker dann aber auf Bootje: Eine kleine spanische Rotprobe, je ein Kandidat aus der Rioja und dem Priorat.



Warme Brise, weiches Licht! Einen der längsten Tage des Jahres so ausklingen zu lassen ist eine ganz feine Sache. Sowas entschädigt für jeglichen Technikstreß, den ELAN schon mal bereit hält.  



Am nächsten Tag folgt dann nur die kurze Rückfahrt nach Nederhorst, das ist von hier nur eine gute halbe Stunde. Wir wollen schon Mittags schleusen. Auf halber Strecke ist aber noch Zeit für ein Bad im Fluß - herrliche Sache. 




Große Tour im Juni ´18

Endlich mal wieder eine richtige Fahrt mit ELAN! Nach mehreren Arbeitsbesuchen, Überführungsfahrten und bisher erst einer größeren Tour in diesem Jahr (zum Koningsdag nach Amsterdam - klick) wird es auch Zeit, ist ja schließlich schon fast Ende Juni. Geplant sind drei Tage in Richtung Noord-Holland - ohne genaue Vorgabe, übernachtet wird zu viert auf dem Bootje.
Wir organisieren die Ausfahrt mit Schleusung aus dem Spiegelplas und den Einkauf im Albert Heijn in Nederhorst parallel, so sparen wir etwas Zeit. 

 

An der Vechtkade wird dann aus dem Auto heraus jede Menge beladen. Großer Umzug auf das Boot!



Erstmal geht es gemächlich die Vecht entlang in Richtung Weesp, vertraute Strecke mitten im Groene Haart van Nederlands. Wie immer stellt sich ein: Entschleunigung und Entspannung. Das Wetter bietet Sonne-Wolken-Mix, nach dem herrlichen Frühsommer im April und Mai allerdings deutlich kühler, zudem weht ein ziemlicher Nordwest-Wind. 



Nach eine halben Stunde dann Weesp, der Canaletto-Blick auf die schöne Stadt an der Vecht. Nach Amsterdam geht es entweder von hier weiter bis Muiden und dann über das IJmeer (gefahren in 2016 hier - klick) oder links ab durch die Stadt über die Smal Weesp zur Weesper Trekvaart. Wir nehmen die zweite Variante. Die Passage durch die Stadt geht unter drei niedrigen Brücken her, heute ohne größere Wartezeit, der Brückenmeister wechselt fix die Bedienpunkte mit dem Fahrrad.



Am Ende der Smal Weesp kreuzt dann der Amsterdam-Rijn-Kanaal. Auf der Koningsdag-Tour im April (klick) bin ich solo auf der großen Wasserstraße nach Amsterdam hochgefahren. Das vermeiden wir heute - Wind und Wellen von Norden her sind doch kräftig. Wir lassen es gemütlicher angehen und nehmen direkt gegenüber die Weesper Trekvaart in die Stadt. Auf dieser alten Handelsverbindung von der Vecht nach Amsterdam ist man zwar durch drei niedrige Brücken etwas länger unterwegs, aber es soll ja entschleunigt zugehen...


Zweimal ist ELAN schon unter meiner Führung hier gefahren, allerdings immer nur von Amsterdam kommend, also auf der Rückfahrt. Nach einer guten Stunde zeigt sich der Rembrandttoren, immer noch höchstes Bauwerk in Amsterdam, da mündet die Trekvaart in die Amstel.


Wir biegen nördlich ab und legen erstmal eine kleine Imbisspause an Bord ein, Bootje wird an der Amstelkade vertaut.


Immer wieder fein in der großen Stadt am Wasser: Das Nebeneinander von skurillen Kleinigkeiten und großartiger klassischer Kulisse.




Nach dem Amstelhotel noch durch die Magere Brug...


...und dahinter dann rechts auf die Nieuwe Herengracht auf das IJ. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich vor, Amsterdam nur zu passieren und am ersten Tag direkt bis Monnickendam durchzufahren. Dazu muß man direkt gegenüber Centraal Station auf den Noordhollandsch-Kanaal. Das alte Shell-Gebäude, jetzt A´dam Toren, markiert die Einfahrt prominent.


Das Nadelöhr ist hier die Willem I Sluis, da machen wir am Wachtplaats fest. Es tut sich aber länger nix. Zudem ist es schon kurz nach 17.00 und auch das Wetter ist nicht mehr so offen wie am Mittag. Darum beschließe ich, die Etappe für heute zu beenden und in den Sixhaven einzulaufen. Der ist nämlich direkt nebenan und eine Legende unter den Liegeplätzen im ganzen Land. Da wollte ich immer schon mal mit ELAN hin!
Die Einfahrt hinter dem angerosteten Wellenbrecher ist schmal, so auch der ganze Hafen. Hier wird eng gepackt, also schön langsam manövrieren...


Der Sixhaven ist perfekt organisiert, direkt hinter der Einfahrt wird man vom Hafenmeister registriert und der Bootslänge nach auf einen Steiger verwiesen. Wie gehofft, dürfen wir als kleines Boot ganz durch zum Steiger A.


Warum ist der Sixhaven Legende?

Nun, erstmal die Lage: Man sieht es auf dem Foto unten, direkt ggü. ist Centraal Station, man liegt mit Blick auf das IJ. Hier pulsiert es. Die Pendelfähren gehen nebenan rüber in die Stadt, Tag und Nacht.


Dann die Geschichte: Sixhaven wurde angelegt 1920 durch die Koninklijke Nederlandsche Zeil- en Roeivereeniging und benannt nach Willem six, dem damaligen Vorsitzenden dieses der Nomenklatura verbundenen Wassersportvereins. Der stammte aus der bekannten und (traditions)reichen Amsterdamer Patrizierfamilie Six, seit dem goldenen Zeitalter im 17. Jahrhundert ein weitverzweigter und einflußreicher Clan. Wirklich lesenwert dazu und tiefe Einblicke in die niederländische Geschichte gebend ist das Buch "Die vielen Leben des Jan Six: Geschichte einer Amsterdamer Dynastie" von Geert Mak.

In den ersten Jahren lag die königliche Motorjacht “PIET HEIN” oft im Hafen. Nach dem zweiten Weltkrieg zog die "Königliche" aber dann nach Muiden um, direkt an die Vechtmündung zum IJmeer (klick). Der Hafen verfiel, war nur noch Heimat für ein paar Wohnboote. Bis er 1974 wieder aktiviert wurde, nach den Bürgerlichen ausgerechnet von sehr motivierten Werftarbeitern, quasi ein Wechsel der gesellschaftlichen Klassen.
1946 wurde von Schiffbauern und Dokarbeitern auf der großen NDSM Werft in Amsterdam Noord ein Wassersportverein gegründet, die Watersportvereniging Dok- en Scheepsbouw, kurz WVDS. Bis zu dieser Zeit hatte der Verein auf dem Gelände der Werft seinen Platz und nutzte auch die Bautechnik der Werft. So konnten die Schiffbauer in der Freizeit selbst Hand anlegen und aus Alteisen und alten Rettungsbooten entstanden die ersten eigenen Motorjachten.
Nach vielen Umstrukturierungen auf dem Werftgelände mußte der Verein umziehen, ein neuer Platz wurde im verfallenden Sixhaven gefunden. Die Mitglieder haben eigenhändig den Hafen wieder aufgebaut.
Bis heute werden noch alle Arbeiten von Mitgliedern in freiwilligen Arbeitsgruppen verrichtet. Hafenmeisterei und die Kantinen-Bar werden nur durch freiwillige Vereinsmitglieder bemannt. Vor ein paar Jahren wurde genau unter dem Sixhaven der Tunnel für die neue Amsterdam-Metro gebaut, im Rahmen dieses gewaltigen Projekts wurde auch der Sixhaven nochmal gründlich renoviert. Alle Steiger und die Sanitäranlagen sind neu. Es präsentiert sich also heute alles in Top-Form.
Zudem gibt es ein echtes Sahnetüpfelchen: Auf dem Dach der Kantine steht eine 4K-Webcam, die ein Livebild ins Internet sendet, für Bootsleute immer spannend zu sehen. Und man kann Ankunft, Aufenthalt und Abfahrt selbst live von oben anschauen und teilen. 



So präsentiert sich ELAN im Sixhaven: Nach kleinen Verschönerungen und einer guten Reinigung vor zwei Wochen durchaus ansehnlich.


Ist man nur für eine Nacht hier, so wie wir heute, muß man sich für den Abend entscheiden. Entweder bleibt man in Noord und erkundet das neue Trendviertel in Richtung ehemaliger NDSM Werft  oder man nimmt die Fähre in die City. Beides ist lohnend, aber da ich schon im April mit ELAN in der Marina Noord war (klick), geht es rüber in die Grachten.
Immer wieder verblüffend, wieviel Jugend hier im Zentrum unterwegs ist. Wir bummeln nur etwas über den Dam, biegen links ab durch die Wallen zum Nieuwmarkt und bleiben im Café Fonteyn hängen - bei Bier, Wein, GinTonic, Genever und Borrelhapjes... 


Zurück nach Noord...


...wo ELAN gut vertäut im Sixhaven wartet. 


Am Samstag dann ein später Aufbruch gegen 11.00. Hier auf dem Foto sieht man ELAN bei der Ausfahrt, ein Standbild aus der Webcam.


Heute nur eine kurze Wartezeit an der Willem I Schleuse und dann den Noord-Hollandsch-Kanaal rauf bis zum Abzweig bei Het Schouw auf den kleinen Stichkanal. Da wird es ländlich, weites Polderland, Wohnboote. Bis rauf nach Monnickendam sind allerdings in Summe noch drei Brücken und zwei Schleusen zu nehmen. Die Brücken werden von einem Brückenwärter jeweils vor Ort bedient. Er pendelt mit Auto und Fahrrad. Gegen 14.00 bei herrlichem Sonnenschein ist die alte Monumentenstadt Monnickendam am Ijsselmeer erreicht.




Hier mal das Bootje während der Hafeneinfahrt in Monnickendam aus einer anderen Perspektive: Das Cabriocap am Steuerstand ist offen, das hintere Verdeck bleibt leider der Witterung geschuldet auf dieser Tour geschlossen.


Wir machen wieder fest im Jachthaven Waterland, just an dem Steiger, an den wir vor einem Jahr mit Motorpech geschleppt wurden. Die folgenden Reparaturen waren kostspielig und brachten das ganze Fahrtprogramm in der letzen Saison durcheinander (klick und hier). 


Aber das ist Geschichte und wir genießen den Aufenthalt in der schönen Hafenstadt. Monnickendam hat eigenen Charakter und ist so wie Edam und Medemblik eher überschaubar und ruhig. Im Gegensatz etwa zu den größeren Orten am westlichen Ijsselmmer wie Enkhuizen, Hoorn und Volendam. 




Das schöne an der Albin 25 ist: Jede(r) findet sein Plätzchen. Und das auf nur 7,60 Meter Länge...





Der Abend gehört dem Fußball. Deutschland-Schweden läuft im Kneipenbereich vom Beuqz direkt am alten Hafen. Und nach dem 2:1 bietet wieder das kleine schwedische Boot gemütliche Unterkunft für alle.



Sonntag früh in Monnickendam: Das Wetter spielt mit, sanfter Sonnenschleier, vom Ijsselmeer ein milder Wind, herrlicher Morgen. Doch ein Problem trübt die Aussicht auf eine heitere Rückfahrt.





Am Vortag hatte ich vor dem Festmachen noch eine kurzen Schlencker aus dem Hafenbereich raus in Richtung Gouwzee gemacht, nur ein paar hundert Meter weit, allerdings knapp außerhalb der betonnten Fahrrinne im Niedrigwasser. Und prompt hatte ELAN mit ihrer Schraube wohl wieder jede Menge von diesen langen Wasserpflanzen gekappt, die uns schon mehrfach Ärger gemacht haben. Die wickeln sich nämlich um das kleine Stück der offen laufenden Welle zwischen Schraube und Austritt und verdichten sich da derart fest, sodaß der Wellenlauf und damit der Vortrieb beeinträchtigt wird. Der Motor läuft dann unter erheblich mehr Last, man merkt es auch durch ein Flattern am Ruder. Das läßt sich nur manuell entfernen, von unten. Also ab ins Wasser, so wird endlich auch mal die neue Badeleiter eingeweiht.



Sehr erfrischend, das Wasser im Hafen von Monnickendam...



Die Rückfahrt läuft dann geschmeidig auf gleicher Strecke zurück nach Amsterdam.



Allerdings nicht über die Weesper Trekvaart, sondern vorbei am Kreuzfahrtterminal...



...auf den Amsterdam-Rijn-Kanaal.



Ein schöner Rosé aus der Provence lockert die einstündige Geradeausfahrt etwas auf.



Kurzer Stop in Weesp, da gibt es eine gute Stelle für Frietjes, Frikandel & Co.



Auf dem Stück südlich nach Nederhorst forciere ich das Tempo etwas über die erlaubten 9 Km/h hinaus, so kommen wir pünktlich zur ersten Schleusung um 17.30 an. Wenig Betrieb für einen Sonntag im Sommer, liegt natürlich am Wetter.





Letzter Moment, die Einfahrt in den Heimathafen...