Elan - Amsterdam im Mai ´22

"Elan - Amsterdam", das könnte man als Namenserweiterung auf das Bootje schreiben, und es wäre ein Ehrenname. Es ist die siebte Fahrsaison und die Häfen in der großen Wasserstadt sind in Summe der letzten Jahre die am häufigsten angesteuerten Quartiere. Entweder waren das Etappenübernachtungen auf dem Weg weiter in den Norden, z.Bsp hier, oder in den Süden die Amstel entlang bis zu den Westeinder Plassen, wie auf einer schönen langen Tour in ´20 (klick). Häufig aber auch, so wie hier, war Amsterdam das eigentliche und berechtigte Ziel der Fahrt, ist die Stadt doch auch in nur gut zwei Stunden mit dem Boot zu erreichen.


Doch zunächst von Begin an. Es ist der 25. Mai 2022, wir schippern vom Heimathafen in Richtung Schleuse, sind schon um kurz nach 11.00 auf der Vecht in Richtung Norden unterwegs.


Wie immer grüßt nach einer Weile die herrliche Kulisse von Weesp mit der Lange Vechtbrug. Wir biegen links ab auf die Smal Weesp, den engen Durchlaß durch die Stadt zum Amsterdamrijn-Kanaal.


Wir hatten in Nederhorst auf den Einkauf verzichtet, darum legen wir hier in der Stadt nochmal an, direkt gegenüber der alten Van Houten Villa. Von da sind es nur 200 Meter zum Albert Heijn.



Eigentlich ist geplant, den Kanal nur zu queren und auf der anderen Seite in die Weesper Trekvaart einzufahren. Das ist die solideste und sicherste Verbindung nach Amsterdam. Doch auf einmal geschieht etwas Seltsames. Ein großer Binnenfrachter fährt in schneller Fahrt über den Kanal, ich stoppe etwas auf und lege das Ruder nach Steuerbord, ELAN fährt ein paar Meter ufernah parallel zum Frachter auf dem Kanal. Und statt dann zu queren halte ich einer spontanen Eingebung folgend einfach den Kurs, und wir tuckern weiter auf dem Kanal nach Norden. Immer schön nah an der rechten Kante und vorsichtig, denn es gibt hier vor allem ein Phänomen, das für kleine Boote zum Problem werden kann. Der Kanal ist ja eine stark befahrene Wasserautobahn für (Binnen)frachter. Die geben hier richtig Gas und machen Heckwelle auf breiter Spur. Diese Welle trifft auf das Kanalufer, was auf auf dem Stück zwischen Weesp und Amsterdam in weiten Teilen mit senkrecht stehenden Spundwänden befestigt ist. Da trifft die Welle hart auf und prellt zurück. Das führt in Ufernähe zu sehr unruhigem Wasser, ELAN schaukelt mehrfach heftig. Zum Glück ist der Wind heute mäßig und kommt von Süden, eine Brise schiebt uns etwas von hinten.


Es heißt also immer schön geradeaus - dabei ist die Kanalfahrt keineswegs langweilig, die Frachter und die großem Brücken bieten Schauwerte.



Der Kanal ist die schnellste Verbindung nach Amsterdam, an keiner Brücke muß gewartet werden, man rutscht einfach durch. Nach gut einer Stunden grüßen die Leeuwen van Zeeburg. Die vier liegenden Löwen sind nach historischen Vorbildern erst im Jahr 2015 hier aufgestellt worden und bewachen seitdem die Grenze zwischen Kanal und Hafen.


Kurz danach biegen wir links ab auf die Nieuwevaart und fahren quasi durch den Hinterhof des alten östlichen Hafengeländes. Diese Stadterweiterung außerhalb des Grachtengürtels entstand schon im 17. Jahrhundert. Einst war das hier die Heimat von Werften, Handwerksbetrieben und kleinteiligen Umschlagplätzen. Einiges davon ist heute noch zu sehen, viel Altes und Zusammengwürfeltes mischt sich mit neuer Wohnbebauung. 




Näher am Zentrum dann eine besondere Adresse! Auf Backbord liegt die Scheepswerf 't Kromhout mit ihrer markanten eisernen Doppelhalle, ein Traditionsunternehmen aus der maritimen Vergangenheit Amsterdams.


Das ist einerseits ein Museum, in dem vor allem die legendären Kromhout-Motoren in Aktion gezeigt werden. Die Anlage dient aber auch noch als Instandhaltungsbetrieb. Einige Salonboote liegen vorne an der Kade.
Schließlich Ankunft im Oosterdok, hier lag die Kolonialflotte, wurde ausgerüstet für Fahrten rund um den Globus. Heute ein wildes Treiben auf dem Wasser, gerade an einem warmen Freitag Nachmittag.



Am Kreuzfahrtterminal am IJ machen nach langer Pause wieder große Pötte fest, hier die Celebrity Apex, 300 Meter lang, Indienststellung 2021.


Und endlich, direkt gegenüber liegt der Sixhaven! Da laufen wir in gewohnt routinierter Weise ein, und bekommen auch noch einen schönen Platz vorn am A-Steiger.


Wie immer freundliche Aufnahme im Sixhaven. Details zu dieser Institution gab es hier schon öfter, jetzt nur soviel: Es ist trotz aller Geschäftigkeit immer noch ein sehr gastfreundlicher Vereinshafen für Skipper aus vielen Ländern. Die Kulisse ist eh nicht zu toppen, ein kleines Wasserdorf nur ein paar Meter vom urbanen Treiben voller Lebendigkeit der Metropole entfernt.


Am späten Nachmittag setzten wir über. Die IJ-Fähren queren unermüdlich, bieten immer wieder buntes Schauspiel für Menschenbeobachtung.


Wandern durch die große Wasserstadt, sich treiben lassen im Gewimmel der Grachten und Giebelhäuser. Das historische Zentrum gibt in seiner kleinteiligen Anmutung ständig Reizimpulse, überall ist etwas los, eine Metropole für Augenmenschen. Wir bleiben für zwei Nächte im Sixhaven, es ist also Zeit für einige Streifzüge.


Wasserpanoramen, Boote in allen Preisklassen kreuzen.



Jeder kann hier was mieten und fahren - mit Tretboot oder Elektroschaluppe.

Wir queren den Grachtengürtel bis zum Rijksmuseum, streifen den Vondelpark.


Einkehr an einem Abend dann in den Foodhallen, früher zentrales Straßenbahndepot, jetzt Veranstaltungszentrum und Freßmeile.


Lange Tage im Mai, die Dämmerung kommt spät, feines Abendlicht.


Zum Ende hin immer wieder rüber übers Wasser nach Noord. ELAN gewährt zwei sichere Nächte im Sixhaven.


Am letzten Tag nutzen wir den Vormittag noch für einen kurzen Trip mit der Fähre zum NDSM Gelände. Der gesamte Bereich hier am Nordufer des IJ ist einem totalen Wandel unterzogen. Erst riesiges Werftgelände, nach der Schließung 1978 zunächst Industriebrache, dann wildes Durcheinander als Szenestadtteil mit viel Freiraum, jetzt immer mehr bauliche Verdichtung vor allem mit Appartementhäusern. Wie Pilze schießen die neuen Türme in den Himmel. Die Silhouette wandelt sich hier im Monatsrhythmus.


Immer noch viele Objekte und Zeichen, Zeugen der wenig reglementierten Kreativnutzung. Wie lange sowas hier noch zu sehen sein wird...?




Das Kranhotel Faralda, es steht auf vier Beinen und ist ein bewegliches Objekt: Kran 13 der ehemaligen Nederlandsche Scheepsbouw Maatschappij (NDSM). Drei Suiten sind da eingebaut, Preise starten bei 945€ p.N.


Zurück am Boot! Vor der Ausfahrt kriegt es noch eine Plakette auf den Heckspiegel geklebt. Seit diesem Jahr verlangt die Gemeinde Amsterdam für alle motorgetriebenen Boote eine sogenannte Durchfahrtvignette. Integriert ist ein Chip zwecks Standortbestimmung, der Preis liegt bei 40€, die Gültigkeit ist drei Jahre.


Bei herrlichem Sommerwetter Ausfahrt aus Sixhaven.


Im Oosterdok bei den Hausbooten dann eine Entdeckung: Einer der alten Pötte ist namensgleich mit unserer Albin 25.


Für den Rückweg wähle ich die Weesper Trekvaart, das ist eine ruhige und sichere Traverse zurück auf die Vecht. Alle Brücken öffnen fix, wir sind sehr früh an der Schleuse auf den Spiegelplas, sogar das erste Boot am Warteplatz.


Zum Schluß dann die letzten Meter über den See zum Heimathafen. Dabei ein Blick auf eine weitere Neuerung am Boot. Seit dieser Saison fahren wir mit deutscher Beflaggung. Bisher wehte am Heck die niederländische Fahne. Der Wechsel hat natürlich keinen chauvinistischen Hintergrund. Sich als deutscher Skipper nach außen kenntlich zu machen hat Vorteile, vor allem im kommunikativen Bereich an Schleusen, Brücken und in Häfen. Außerdem ist das auch rechtlich geboten. Die Nationalflagge ist der Nachweis für die nationale Zugehörigkeit des Bootseigners. Wo das Boot liegt spielt da keine Rolle. Das wird dokumentiert durch die Gastlandflagge.