Große Runde Noordholland - Juli 2019

ELAN wird zum Kreuzfahrer! Vier Tage im Juli durch Noordholland, drei Häfen stehen auf der Agenda. Start ist am Donnerstag in der Früh. Das Wetter ist spitze, die sommerliche Hitze ist zurück. Nach schnellem Einkauf beim Albert Heijn in Nederhorst stehen wir schon um 12.00 in der Schleuse, es geht nach Norden raus bis Muiden. Ja, ich entschließe mich für die erste Etappe nach Amsterdam für die Strecke über das IJmeer. Das Wasser ist ruhig, kaum Wind, der Motor läuft rund - also kein Risiko. Bis auf eines, aber dazu gleich...
Erstmal durch Weesp, wie immer eine herrliche Kulisse an der Vecht.


Flußabwärts grüßt nach 15 Minuten Muiden, die alte Monumentenstadt. Da ist in der Grote Zeesluis einiges los, auch Mietboote wollen auf das große Wasser - Schleusenkino vom Feinsten.




Wir kommen hier schnell durch, geplant ist ein erster Stop für einen Bordimbiss auf Pampus. Die Festungsinsel liegt nur drei Kilometer vor Muiden im IJmeer (mehr dazu hier). Die Liegeplätze in dem kleinen Hafen sind alle besetzt, also wird auf Reede geankert.


Herrliche Stelle, man ist auf offenem Wasser, wir baden ausgiebig. Von Pampus aus sind es bei direktem Westkurs nur sieben Kilometer bis zu den Oranjesluizen, der östlichen  Hafeneinfahrt von Amsterdam. Es gibt eine ausgebaggerte Fahrrinne für die Segelboote und die Binnenfrachter. Doch auch als kleines Boot sollte man sich daran halten. Wir schneiden den Kurs aber etwas und haben prompt wieder Probleme mit Waterplanten. Die Biester wachsen vom Grund bis kurz vor die Wasseroberfläche, werden von der Schraube abrasiert und wickeln sich um das Ruder und die Antriebswelle. Die Leistung bricht ein, das muß immer sofort beseitigt werden. Ich springe also zweimal kurz hintereinander ins Wasser, vom Heck aus kann man bei ausgestrecktem Arm das nasse Grünzeug von den Bauteilen gut abziehen.
Wir folgen jetzt der Fahrrinne, schon kommt Vuurtoreneiland in Sicht, obenauf begrüßt uns die Flagge von Amsterdam.




Auf Steuerbord liegt Durgerdam, idyllisches Deichdörfchen, schon oft mit dem Auto besucht auf den Rückfahrten aus Egmond aan Zee.


In der Oranjesluis sieht man, was heute so alles auf dem Wasser ist: Partyböötchen, riesige Schlauchboote der Wasserrettung, ELAN ist mittendrin.




Hinter der Schleuse öffnet sich das IJ, eigentlich ist das ja kein Fluß, eher ein langgestreckter See, früher ein südlicher Arm der Zuiderzee, das große Hafenwassser von Amsterdam. Nach zwanzig Minuten ist man von hier auf Höhe Centraal-Station und gegenüber vom Sixhaven. Doch den lassen wir heute rechts liegen, da waren wir vor zwei Wochen (klick). Unser Etappenziel für heute ist die große Amsterdam Marina ein kleines Stück weiter in Richtung Westen.



ELAN in der Amsterdam Marina, hier was sie schon öfter, dieses Jahr zu Pfingsten, im letzen Jahr mehrfach, die Premiere war auf der Fahrt zum Koningsdag (klick). Der Hafen ist neu, hier in Noord auf dem Gelände der ehemaligen NDSM Werft ist alles im Umbruch - eine interessante Ecke (mehr hier). Das Boot liegt am Passantensteiger, hier mischen sich Segler und Motorboote.


Zur Begrüßung ein fruchtiges Lindemanns Kriek, belgische Braukunst vom Feinsten.


Die Drohne ist an Bord, hier also alles mal ausführlich von oben.



Hier die Gesamtsicht in Richtung Westen: ELAN liegt rechts auf der Wasserseite vom Passantensteiger. Im Zentralgebäude in der Mitte sind untergebracht Restaurant, Hafenleitung, Sanitärräume und die Zentrale der HISWA, der Dachorganisation für Watersport landesweit.


Abendstimmung in der Marina! Wir bleiben in Noord, Einkehr ins Pllek, wie immer ist hier einiges los, im Sommer herrliche Atmosphäre am Wasser.




 



Freitag Morgen, wir genießen den Hafen und frühstücken ausgiebig an Bord. Die Verpflegung auf dieser Runde läuft folgendermaßen: Frühstück und Tagesimbiss an Bord, zum Diner dann hafennahe Einkehr. Zwei aktive Kühlboxen werden unterwegs mit Bordstrom betrieben, am Steiger dann über Landkabel und Bordverteiler. Speis und Trank bleiben so trotz Außengraden um die 30 gut kalt. Um 11.30 läuft ELAN mit Kurs nach Westen aus. Wir lassen die große Stadt hinter uns.


Die weitere Route soll über die Zaan nach Norden gehen. Nach 30 Minuten auf dem Noordzeekanaal ist der Abzweig bei Zaandam erreicht. Kurz dahinter dann die Wilhelmina - Schleuse. Das ist hier alles eine große Baustelle, die gesamte Anlage wird erneuert. Der Durchlaß ist wichtig, nicht nur für die Pleziervaart. Die Zaan ist immer noch Handelsroute für die Berufsschiffahrt. Vor uns liegt die La Cabana, ihre Ladung charakterisiert die heutige Industrie an der Zaan treffend, dazu gleich mehr...
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Vor ein paar Infos zur historischen und aktuellen Bedeutung der Zaan noch ein praktischer Tip. Kurz hinter der Schleuse liegt am Ostufer ein großer Deka-Markt mit einem eigenen Anleger. Wir nutzen natürlich die Gelegenheit, um die Bordvorräte aufzufüllen.



Die Zaan, das ist eigentlich ein nur 10 Kilometer langes Fließgewässer, der Oberbegriff für das Revier ist die Zaanstreek. Trotzdem ist das hier für die Geschichte der Niederlande eine bedeutende Gegend. An diesem Wasser entstand im 17. Jh., dem Golden Eeuw, das erste und größte zusammenhängende Industriegebiet Europas. 900 (!) Windmühlen waren der Motor dieser Entwicklung. Holzsägemühlen, Mühlen für die Mehl, Farb- und Papierherstellung drehten sich unablässig in noordholländischer Brise. In den Dörfern der Zaanstreek gab es 65 Schiffswerften, 1697 kam der russische Zar Peter der Große inkognito nach Zaandam, um hier hinter die besonderen Fertigkeiten des holländischenden Schiffbaus zu kommen. Er studierte die Konstruktion seegängiger Segler, die er als Modellschiffe kopieren und in Russland später nachbauen ließ. Nachdem entdeckt wurde, wer da wirklich in Zaandam weilte, war Peter gezwungen, in einer von der Öffentlichkeit abgeschirmten Werft in Amsterdam weiterzuarbeiten. Dort begann er eine Zimmermannslehre in der Werft der Ostindischen Kompanie und arbeitete am Bau einer Fregatte aktiv mit.
Mit der riesigen Handelsflotte der VOC machte das Königreich in Indonesien reiche Beute und sorgte damit für einen immensen Wohlstand des aufstrebenden Bürgertums und so für den Aufstieg der Städte, zuvörderst den von Amsterdam. Von diesem alten Zustand an der Zaan zeugen noch einige prächtige Holzhäuser im charakteristischen Zaans Groen und vor allem die restaurierten Mühlen im Freilichtmuseum Zaanse Schans.




Im Laufe des 19. Jahrhunderts wichen durch die technische Entwicklung die Mühlen mehr und mehr den Dampfmaschinen. In dem Gebiet entstanden große multinationale Betriebe wie Verkade, Ahold, Bruynzeel Keukens, Honig und Duyvis, die bis heute hier ansässig sind. An den Ufern der Zaan sind noch viele der alten Fabrikgebäude, viele umgewidmet zu Wohn- und Kantoorquartieren zu bewundern. Das alles zieht an einem beim Schippern über diesen kurzen aber faszinierenden Fluß vorbei. Vor allem die großen Kakaofabriken sind spektakulär. Über ihnen liegt ein intensiver Duft nach Schokolade, eine kostenlose Zugabe für uns auf dem Bootje ELAN.






Hier unten auf einem Bild: Die alten restaurierten Mühlen bei Zaanse Schans, dahinter zeitgenössische Kakaoproduktion.


Zum Ende der Zaan kommt noch einmal der größere Ort Wormerveer. Dahinter wird es ländlich, der typischen Noordholland-Charakter stellt sich ein im Landschaftsbild. Polder, kleine Kanäle, Borderijen, kleine Dörfer. Wir machen hier Quartier für die zweite Nacht. Unser Zielpunkt ist der Jachthaven Swaentje in Westknollendam. Hier war ELAN schon einmal auf der großen Runde im Juli 2016 nach St. Martinzee (klick). Bootje liegt unten gut vertäut, ringsum Holland pur.




Zum Abend hin Einkehr in die Hafenkneipe, schön gelegen direkt am Fahrwasser. Der Eigentümer hat das Lokal vor kurzem verpachtet, heißt jetzt The Old Rooster. Danach bietet ELAN sichere Heimstatt auf der großen Runde.


Am Samstag erst Unsicherheit über den weiteren Wetterverlauf, es bezieht sich etwas. Südlich Amsterdam zieht eine Störung mit Gewitter und Regen durch, wir sind aber für den Tag genau nördlich davon, sommerliche Sonnenwärme bleibt für die Tagesrunde. Wir fahren los gegen 10.30, biegen hinter Westknollendam ab auf die Knollendamer Vaart, die trifft nach 30 Minuten auf den Noordhollandsch-Kanaal, von dort biegen wir nach Osten ab in Richtung Purmerend. Das ist ein reiner Transfer ohne besondere Höhepunkte. An den Ufern urholländische Ländlichkeit.


Geplant ist, von Purmerend über die Purmerringvaart von Norden her über Edam nach Monnickendam zu tuckern. Dazu muß man in der Stadt fünf niedrige Brücken nehmen. Die erste öffnet auch prompt. Doch der Brückenwärter erklärt ungerührt, daß die darauffolgende Brücke nicht geöffnet werde. Es findet sich dazu leider keine Warninfo in der Waterkarten-App, die eigentlich Hindernisse und Störungen immer frisch aktualisiert anzeigt. Also entschließe ich mich, hier kehrt zu machen und den Noordhollandsch-Kanaal weiter gen Süden zu fahren.


Man könnte alles abkürzen und einfach weiter bis nach Amsterdam fahren und wieder im Sixhaven übernachten. Es zieht uns aber, wie schon im letzten Jahr (klick), doch nach Monnickcndam. Da kommt nach einer Stunde der Abzweig vom Kanal auf die Trekvaart Het Schouw. Auf der fahren wir schließlich bei herrlichem Wetter vorbei an Hausbooten und unter drei niedrigen Brücken und zwei Schleusen durch bis in die alte Stadt Monnickendam, heute einer der zentralen Seglerorte am Ijsselmeer.



ELAN findet wieder einen Platz im Jachthaven Waterland. Genau an gleicher Stelle, die fast schon Geschichte des Bootes ist. Hier waren wir im letzten Jahr und, noch wichtiger und mit mehr Dramatik verbunden, in der Vaarseizoen 2017 mit kaputter Wasserpumpe. Die Kühlung fiel kurz hinter Volendam aus, der Motor überhitzte, wir mußten abgeschleppt werden. Im Hafen wurde dann aufwendig repariert, nach der Wasserpumpe auch auf Anraten des Monteurs noch die komplette Abgasanlage ausgetauscht. Damals entstanden Kosten von in Summe über 2000€ (klick).


Jachthaven Waterland inmitten der Hafengewässer von Monnickendam, am Horizont im Hitzedunst liegt die Insel Marken.


Hier liegt ELAN am Steiger, aufgenommen direkt von oben. Die Albin 25 wirkt auch nach 45 Jahren immer noch modern und sehr durchdacht in der Aufteilung. Auf nur 7,60 Länge gibt es eine Frontkajüte mit Doppelbett, Pantry und Toilette, obenauf das Sonnendeck. Dahinter der Steuerstand mit großer Doppelsitzbank, zu öffnen mit Rollverdeck. Gefolgt vom Sitzbereich, bequem für vier Personen ausreichend, das Dach darüber wie ein Cabrio mit ein paar Handgriffen zu öffnen. Am Heck schließlich die Kriechkabine, klein aber fein und für zwei Personen mit Gepäck für die Nächte völlig ausreichend und bequem, zudem durch den Einbau der Decksluke deutlich aufgwertet.




Monnikendam ist Wasserstadt, früher Handel und Fischfang, heute Freizeitboote ohne Ende. Auch die traditionelle (Charter)Zeilvaart ist hier eine feste Größe. Gegenüber ELAN liegt ein schöner alter Zweimaster.



Kurzer Bummel durch den Ort, Einkehr zum Diner, dann begrüßt uns ELAN für die dritte Nacht.



Zurück nach Süden gibt es von hier zwei Möglichkeiten. Zum einen die gleiche Route retour über die Trekvaart und den Kanal. Ich überlege aber auch die freie Fahrt über das Markermeer. Dazu muß man Marken umrunden, dann immer südwärts in Richtung Amsterdam. Da trifft man dann wieder auf Pampus und die Fahrrinnen nach Muiden. Das sind ca. 30 Kilometer, mit etwas Rückenwind und 1500 Umdrehungen in gut drei Stunden zu machen. Wetter und Wind sind dafür heute eigentlich ideal, ich entscheide mich aber trotzdem dagegen. Die Fahrt über offenes Wasser, obwohl für eine ALBIN 25 kein Problem, bietet immer ein Restrisiko, auf das ich an diesem beschaulichen Sonntag einfach keine Lust habe. Also wieder auf die vertraute Strecke, zum dritten Mal geht es hier schon zurück mach Amsterdam. Das ist zu Beginn kleinteilig, zum Teil mit Wartezeit verbunden.


Die Kulisse hat aber natürlich Reiz, originelle Architektur-Hausboote säumen die Strecke, lösen einen "Haben-Wollen-Reflex" aus.



Nach gut zwei Stunden ist aber dann doch Amsterdam erreicht, der Kanal mündet von Norden ins IJ mit der Willem I Sluis direkt am Sixhaven. Hier biegen wir links ab, zurück geht es nicht über die Weesper Trekvaart wie schon so oft, sondern über den  Amsterdam-Rijn-Kanaal


Vorher aber noch eine wie immer imposante Passage vorbei am Kreuzfahrtterminal, die Nieuw Statendam, ein ganz neuer Pott aus 2018 der Holland America Line liegt  da vertäut, wir ziehen mit strammen Gas vorbei.


Die Kanalstrecke ist ELAN schön mehrfach gefahren, in beide Richtungen. Es ist die schnellste Art für den Transfer Weesp/Amsterdam. Die Strecke geht zwar immer nur geradeaus, ist aber nicht ohne Reiz. Auf dieser Wasserautobahn begegnen einem richtig dicke Binnenwasserpötte, das Wasser neigt  dadurch aber zu Wellenschlag, begünstigt noch durch Winde. Da kann es hier auf dem Bootje schonmal kräftig schaukeln. Trotzdem nutzen viele Plezierfahrer diese Route, man kann hier gut Meter machen.


Nach gut einer Stunde ist man auf Höhe Weesp und biegt links ab auf die Smal Weesp, den kleinen Verbindungskanal durch Weesp auf die Vecht. Das ist alles schnell gemacht, schon Routinestrecke, die drei niedrigen Brücken öffen fix und wir sind wieder auf dem Heimatfluß.


Das Wetter hat sich inzwischen gedreht, aus der sommerliche Sonne ist ein bedeckter Himmel mit kühlendem Wind geworden, auch nicht schlecht nach der Hitze in den letzten Tagen. Wir kriegen die erste Schleusung auf den Spiegelplas: Nach vier Tagen und 120 Kilometern kehrt ELAN zurück in den Heimathafen.



Altijd vaarklaar !