ELAN und KONINGSDAG 26.-27. April ´18

ELAN fährt unter meiner Führung im dritten Jahr durch niederländisches Wasser. Und im dritten Jahr wird endlich fällig und möglich eine Runde am Koningsdag. Und das nicht irgendwo, sondern mitten im Herz der Feté, in Amsterdam. Durch vorherige Touren sind die nautischen Gegebenheiten in der großen Wasserstadt einigermaßen vertraut (hier und hier), das gibt etwas Sicherheit.
Anfahrt heute mit dem Zug von Bochum über Duisburg/Arnheim/Amsterdam/Weesp, das dauert bis zum Ausstieg in Station Weesp genau vier Stunden. ELAN liegt nämlich gerade nicht im Heimathafen unten in Nederhorst, sondern wurde vor ein paar Tagen in die Jachtwerf nach Weesp gebracht, ein neuer Luftfilter war bestellt und mußte noch eingesetzt werden. Außerdem spart man von hier eine gute halbe Stunde Zeit nach Amsterdam.
Doch gleich zu Beginn am Steiger wieder ein technisches Problem mit Bootje: Die Schaltung springt nicht vom Leerlauf in den Vortrieb, irgendwas am Mechanismus klemmt. Zum Glück ist ja hier in der Jachtwerf immer ein Mechaniker in der Nähe. Der gute Mann drückt mit dem Schraubenzieher die Messingscheiben im Schaltapparat etwas auseinander, der Gang rastet ein. Er empfiehlt aber erstmal, auf das Einlegen des Freilaufs zu verzichten. Ist nicht unbedingt erforderlich, trotzdem nicht gut. Vor allem, weil ich von Weesp nach Amsterdam heute alleine überführen muß, der Ersatzoffizier stößt erst am Abend dazu.


Von der Jachtwerf geht es über die Smale Weesp durch Weesp, das ist die kurze Verbindung zwischen Vecht und Amsterdam-Rijnkanaal mitten durch den Ort. In kurzen Abständen sind drei Brücken, die gehoben werden müssen. Der Brückenwärter bedient alle drei vor Ort manuell, fährt jeweils mit dem Fahrrad die Bedienstationen an, gut koordiniert, dauert aber etwas.


Am Ende dann der Abzweig zum großen Kanal, eine wirkliche Wasserautobahn für Frachtverkehr, hoch frequentiert, die großen Binnenpötte fahren hier zwischen Rhein und Amsterdam. Schöner und ruhiger wäre es, jetzt direkt gegenüber die Weespertrekvaart zu nehmen, da wäre man auch recht zügig in Amsterdam. Kürzer ist aber der Kanal, der geht stur geradeaus. Man sieht hier durchaus auch kleinere Plezierboote. Das Ganze ist aber nicht ohne Risiko, man muß sich gut rechts halten, immer ufernah und öfter mal nach achtern schauen. Die Frachter sind sehr schnell, schieben auch Welle. Wenn es dann noch sehr windig ist wie heute, baut sich auf dem Kanal eine kurze Schlagwelle auf, das schaukelt dann schon sehr bei kleinen Bootjes wie der Albin. Hier ist also kein ruhiges Genußtuckern angesagt, sondern ständige Aufmerksamkeit mit der Hand am Ruder.


Dicke Pötte kreuzen, einige Brücken, alles schon die Infrastruktur von Amsterdam.



Hier fahren auch alle Flußkreuzfahrer vom Rhein von und nach Amsterdam.


Nach 1 1/2  Stunden ist dann Schluss, das IJ ist erreicht. Rechts geht es durch die Oranjesluizen zum Ijsselmeer (gefahren im Juli ´17 klick), links durch Amsterdam und den Noordzeekanal bis Ijmuiden zur Noordzee. Möchte man in diese Richtung etwas ruhiger schippern, sollte man nicht auf das IJ fahren, sondern  südlich längs am Java Eiland vorbei. Da kommt man am Ende ans Kreuzfahrtterminal, MSC Magnifica liegt da gerade.



Auf Höhe Centraal-Station kommt man dann wieder auf das IJ. Vielbefahrenes Wasser, die Pendelfähren nach Noord kreuzen da unablässig, Frachtverkehre mischen sich mit Passagierdampfern jeder Größe, für kleine Pleziervaart ist da Vorsicht geboten. Trotzdem oder vielleicht gerade darum ist das für mich irgendwie eine magische Stelle mit Bedeutung, ein Gefühl, sich im Kern einer seit jahrhunderten fortwährenden Bewegung auf genau diesem Wasser zu befinden. Seit VOC-Zeiten, als hier hunderte wuchtiger Holzschiffe unter Segeln aufbrachen ans andere Ende der Welt. Und ich steh hier als ungelernter Hobbyskipper auf eigenem Bootje in eigener Verantwortung - irre Sache. ELAN tuckert brav, zum Glück ;-)


Für einen zentrumsnahen Liegeplatz in Amsterdam gibt es mehrere Möglichkeiten, Wasser ist zwar überall, einfach für die Nacht irgendwo festmachen an den vielen Kaden und Stegen geht hier aber nicht. Zwei Jachthäfen bieten sich an, beide am Nordufer des IJ. Direkt ggü. vom Bahnhof liegt der Sixhaven: Traditionsort mit herrlicher Kulisse. Da ist es aber recht voll und eng, will ich mir als Einhandskipper heute nicht zumuten. Außerdem brauchen wir für einen ganzen Tag einen Stellplatz fürs Auto, hier eher schwierig. Also Weiterfahrt zur Marina Amsterdam, der neue große Jachthafen auf dem Gelände der ehemaligen NDSM Werft ein paar Kilometer weiter westlich, vorbei am A´Dam Toren und dem Filmuseum Eye.


Nach einer halben Stunde dann Ziel in Sicht, markante Landmarke in rot dort sind die Riesenbuchstaben vom Botel.


Marina Amsterdam ist eine große Einrichtung, entstanden auf dem Gelände einer der ehemals größten Werftanlagen der Welt. Da ist jetzt alles im Umbruch, NDSM ist heute Trendviertel, Kreativzentrum, steht für experimentellen Strukturwandel. Viel Altes, spontan Umgewandeltes und Improvisiertes allerorten, spannende Ecke. 


Über der Stadt Hollandse Luchten, unten liegt ELAN fest vertäut am Steiger in Noord, für mich großes Kino, endlich mal hier im dritten Jahr!



Blick von der anderen Seite, beeindruckende Kulisse westwärts Richtung Hafen.


Eine schöne Entdeckung dann direkt nebenan: Ein Schwesterschiff! Die Albin 25 "My Way" fungiert quasi als Beiboot für einen großen Kutter. Längerer Plausch mit der Eignerin, sie hat die Albin seit kurzem und will damit Fahrten durch die Binnengewässer und übers IJsselmeer machen, wunderbar.


Dann Landgang, kurzer Einkauf bei Hema, die Firmenzentrale liegt direkt am Hafen, eine gutsortierte Filiale befindet sich im Erdgeschoß des Gebäudes. Danach ein Streifzug über das Gelände, ist was fürs Auge und spricht die Sinne an...




Unten das alte Trockendock der Werft, da wurden richtig große Schiffe gebaut. Der mächtige Laufkran steht noch, ist heute das Wahrzeichen hier und weithin sichtbar. Drei Wohneinheiten sind oben eingehängt und mit Außenfahrstühlen erschlossen. Nennt sich Crane-Hotel Faralda und ist sicher die coolste Übernachtungslocation der ganzen Stadt. Leider prohibitiv teuer, unter 800€ pro Nacht geht da nix.



Auch auf dem Wasser liegt einiges hier, wie dieses U-Boot aus sowjetischer Produktion, z. Zt. außer Betrieb...




Zurück am Boot dann herrliche Atmosphäre, die Sonne geht unter, der Wind legt sich, weiches Licht, weiche Stimmung.



Um 21 Uhr trifft dann Ersatzoffizier Bernd ein, folgt noch ein kleiner Rundgang, im Plek wird die Koningsnacht gefeiert, dort ein kurzer Absacker. Ruhige Nacht auf leicht schaukelndem Bootje, morgen dann der große Tag...


Es weckt ein tiefes Brummen, Kreuzfahrer auf dem IJ! Die Magnifica geht ab Richtung Noordzee, ein anderer Pott läuft ein.



Kurzes Frühstück an Land im Brood. Auf dem Gelände ist schon viel los, ein großer Vrijmarkt ist aufgebaut, buntes Treiben. Wir wollen aber rüber in die Stadt, dafür ist ELAN ja hier am Koningsdag, zur großen Vaarparade in Amsterdam. Die Optik muß passen: Wimpelkette und Bootskluft in Oranje.



Am Koningsdag gelten auf den Amsterdamer Grachten strenge Regeln, es gibt Einbahnstraßenregelungen, Alkoholverbote etc. Aber was soll´s: Hunderte von Partybootjes sind unterwegs, alle vollbesetzt, Musik und Getränke drauf, große Wasserparty. Das führt in den engen Grachten zu einem totalen Chaos, ein einziger Stau.


Auf dem Weg kommt schon ein Teil der Festflotille in Sicht, Partyboote queren das IJ in Richtung Zentrum. Wir steuern zu auf Centraal-Station, dahinter steuerbord dann die Einfahrt ins Oosterdok. Das ist vertrautes Terrain, da wurde vor drei Wochen auf Hotelschiff "Sailing Home" übernachtet (klick).


Vom Oosterdok geht es vorbei am Nemo und dem Schiffahrtsmuseum durch die Nieuwe Herengracht. Da müssen wir durch, um auf die Amstel zu kommen, es wird eng...


Eine weitere Ein- und Durchfahrt durch die Grachten verbietet sich ab hier für ELAN. Unter die Brücken der Prinsengracht kämen wir zwar durch, das würde heute aber Stunden dauern und womöglich für das liebe Bootje nicht ganz unbeschadet enden. Denn das Prinzip ist, wie schon erwähnt, heute hier das völlige Chaos (klick).


Wir biegen lieber ab auf die Amstel Richtung Süden. Da ist auch einiges los, wir tuckern langsam stadtauswärts, voraus die bekannteste Brücke der Stadt, die Magere Brug.



Nach 20 Minuten dann der Abzweig auf die Weespertrekvaart, eine alte Kanalverbindung an die Vecht, da wird es ruhig, nix zu merken vom Koningsdag, eine andere Welt - am Ufer holländische Beschaulichkeit...


Hier ist ELAN schon mal getuckert, auf der Rückfahrt von Monnikendam im letzten Juli, nach den großen Reparaturen dort (klick). Nach gut einer Stunde schließt sich dann der Kreis, wieder Ortsdurchfahrt in Weesp. Die drei Brücken sind schnell genommen. Hier wir gesittet gefeiert, gezellig mit Gläschen Wein in der Hand auf den Terrassjes am Ufer, keine Partyjugend, die sind alle in Amsterdam. Ich spiele laut die Wilhelmus-Hymne über die Box, alle kucken das Oranje-Fan-Boot, keiner vermutet wohl die deutsche Führung! Wir fahren quasi unter falscher Flagge für die Oranje-Krone.


Magisches Licht dann auf der Vecht, die vertraute Strecke nach Nederhorst. Wir warten ein knappes Stündchen an der Schleuse, dann schnell ELAN vertäuen im Hafen und wieder auf die Piste. Wir müssen ja mit Bus, Bahn und Fähr-Boot wieder zurück nach Amsterdam zum Auto, dauert in Summe eine Stunde.



In Noord geht es jetzt richtig los, die Fähre vom Bahnhof ist voll, bringt Partyleute auf das Gelände. Nix mehr für uns, von hier gut zwei Stunden Fahrt nach Bochum.