Muiden, zwei Tage im Juli ´22

Wie kann das sein? Es ist Sommer, mitten in der Fahrsaison ´22, und wir fahren am 20. Juli nach über 7(!) Wochen zum ersten Mal wieder zum Boot nach Nederhorst! Wassermüdigkeit? Nachlassen der Leidenschaft fürs Skippern? Nur noch Zeit für "dieses und jenes", also große Untreue zur Albin? Das wirklich zu ergründen, wird hoffentlich von zukünftigen Historikern der Geschichte des Bootjes ELAN eine der vornehmsten Aufgaben sein. Der Skipper selber hat darauf keine saubere Antwort.


Umso aufregender dann die Fahrt in den Heimathafen und erste Entwarnung: ELAN schwimmt noch, steht auch relativ sauber in ihrer Box, innen ist alles etwas muffig, aber trocken. Und der kleine Zweizylinder-Yanmar-Diesel startet ohne Murren spontan. Wir schleusen bei herrlich warmem Sommerwetter auf die Vecht und halten zu auf Nord.


Es ist einiges los auf dem Fluß, das ist hier eine beliebte Fahrstrecke für Freizeitfahrer, was nicht verwundert. Wir sind hier auf einer feinen Flußlandschaft unterwegs, mitten im historischen "Groene Hart" der Niederlande. Schon kommt die klassische Kulisse von Weesp in Sicht.


Was ist der geplante Ablauf der Tour? Es geht nur für zwei Tage auf das Boot, ohne lange Strecke. Und da gilt der alte Wahrspruch: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Wir wollen nur bis Muiden fahren. Auf halber Strecke dahin aber eine kurze Pause, Zeit für ein Bad in der Vecht.


Muiden, die alte Monumentenstadt an der Vechtmündung! Hier sind wir schon oft durchgefahren, um aufs offene Wasser des IJmeeres zu kommen. Das waren kurze Fahrten bis zur Insel Hooft (klick) und rüber nach Pampus (klick), auch etwas weiter in Richtung Randmeere bis Naarden (klick). Auch weiter übers Wasser nordwärts auf das Markermeer bis Monnickendam sind wir gefahren, das war die Tour mit großem Motorpech in 2017 (klick). Und natürlich auch mehrere Fahrten von hier bis Amsterdam (klick). Aber wie erwähnt, heute ist Muiden selbst das Ziel. 


Die Groote Zeesluis kommt in Sicht, die ist über 200 Jahre alt und markierte früher einen wichtigen Übergang für Handelsboote von der Zuiderzee ins Binnenland. Für Handelsschiffe ist die Vecht seit dem Bau des Amsterdamrhijn-Kanaals uninteressant. Heute greifen hier Freizeitfahrer aller Kategorien an. Einige alte Plattbodenschiffe liegen hier, Teil der historischen "Bruine Vloot", die zum Glück noch von vielen Skippern unterhalten und meist für die Charterfahrt benutzt wird.


Es ist heiß, doch ein Blick zum Himmel kündigt einen Wetterwechsel an: Es dräut von Süden her.


Und just in der Schleuse fängt es an zu tröpfeln, ein richtiger Platzregen ergießt sich. Dabei haben wir nur noch ein paar Meter zu fahren.


Hinter der Schleuse folgt erst ein Werftbetrieb, im Fahrwasser machen sich dann die Kaufjachten von Lengers Jachts breit. Direkt dahinter an Backbord, gegenüber Kasteel Muidersloot, das große Gelände der Koninklijke Nederlandse Zeil- en Roeivereniging, kurz KNZRV. Da wollen wir hin, da machen wir am Meldesteiger fest, um uns für eine Nacht in diesem interessanten Hafen anzumelden.


Die KNZRV wurde 1847 gegründet, ist damit die älteste Wassersportvereinigung der Niederlande. Von Anfang an war das ein Honoratiorenklub reicher Amsterdamer. Man hielt guten Kontakt zum Königshaus und machte die damaligen Prinzen zu Ehrenmitgliedern und Koning Willem II zum Schirmherren. Das wird bis heute so beibehalten, alle Regenten und Regentinnen des Hauses Oranien waren und sind hier in das Klubgeschehen involviert. Die Piet Hein, die Jacht von Königin Juliana lag bis zum Verkauf in den Häfen des Klubs, De Groene Draak, das Schiff von (Ex)königin Beatrix, liegt, wenn es nicht gerade renoviert wird, hier in Muiden. Zu Beginn war der Stammhafen des Klubs am Westerdok in Amsterdam. 1919 zog man dann um in den Sixhaven und blieb dort bis zum 2. Weltkrieg. Die deutschen Besatzer verfügten Fahrverbote für das IJ, der Sixhaven wurde geschlossen. Die KNZRV mußte das "Koninklijke" aus ihrem Namen streichen und bezog ein Ersatzquartier an den Westeinder Plassen. Schließlich wurde dann 1953 hier in Muiden ein schon vorhandener Hafen ausgebaut und ein stattliches Klubgebouw errichtet. Seitdem ist der markante Platz hier direkt an der Vechtmündung die Heimstatt der Vereinigung.


Man hält hier durchaus auf Etikette, auf korrekte Flaggenführung wird Wert gelegt. Gut, daß ELAN seit dieser Saison unter der Landesflagge des Skippers fährt, so wie es nach Seerecht Vorschrift ist. Nach Sonnenuntergang ist diese hier im Hafen übrigens einzuholen.


Das Wetter beruhigt sich wieder, nach dem Regen kommt umso heißer die Sonne hervor. Wir begrüßen das alles hier mit einem schönen Anlegewein, ein kraftvoll-saftiger Chardonnay aus dem Napa Valley steht bereit.


Die trutzigen Mauern von Kasteel Muiderslot durch die Masten auf der anderen Seite der Vecht. Das Schloß hat lange Tradition, die Ursprünge der Anlage gehen auf das 13. Jh. zurück.


Die ganze Hafenanlage strahlt eine gewisse Eleganz aus, es ist pieksauber. Man ist auch stolz hier auf die sportlichen Leistungen der Mitglieder, im Laufe der Geschichte waren zig Teilnehmer von Olympiaden und Hochseeregatten wie Admirals Cup und Volvo Ocean Race dabei.


Kurzer Blick auf das IJmeer, die Festungsinsel Pampus ist zu sehen, da war ELAN schon öfter (klick). Am Horizont dann die Westküste des Markermeeres, unten am Strand Sommerfeeling.


Zum Diner haben wir die Qual der Wahl. Man könnte hier im Hafen bleiben, in der Societeit im Klubhaus gibt es ein Restaurant. In Muiden lockt immer das Ome Ko, eine Traditonskneipe mit Tischen direkt an der Groote Zeesluis. Wir entscheiden uns aber für eine feinere Variante, "wenn schon, denn schon" lautet für diese Tour die Devise. Wir kehren ein für ein ausgedehntes Menü im Restaurant De Doelen, ebenfalls mit Blick auf die Schleuse.




Leider sind die Wetteraussichten für die Nacht nicht gut, eine große Regenfront zieht von Süden auf.


Die Nacht bleibt aber noch relativ trocken und der Morgen ist zum Glück regenfrei, aber bedeckt. Die Aussichten sind schlecht, darum brechen wir früh auf. Wir wollen noch vor der Mittagsschließung um 12.00 wieder an der Schleuse zum Spiegelplas sein und das Boot in den Heimathafen bringen.


Und tatsächlich: Nach ein paar Metern auf der Vecht öffnen sich die Himmelsschleusen und es beginnt richtiger Starkregen. Dicke Tropfen sammeln sich auf der Frontscheibe, die Sicht ist leidlich. Der kleine Wischer ist leider immer noch nicht korrekt angeschlossen.



Bis zum Ende hin bleibt es naß! Die Strecke ist aber Routine, und um 11.00 sind wir schon bis nach Nederhorst getuckert, haben geschleust und ausgeschifft. ELAN steht wieder sicher, in gut einer Woche startet die nächste Tour, dann von Freitag bis Sonntag.