Sommerrunde durch Nordholland 28.-30. Juli ´22

ELAN tuckert wieder, für ein langes Wochenende liegt die Route fest! Doch zunächst eine kleine Ouvertüre an Land. Wir reisen nämlich schon am Donnerstag an, erledigen Einkäufe in Nederhorst und bringen einige Sachen an Bord. Danach geht es mit dem Auto nach Nieuwersluis. Da ist für eine Nacht ein Zimmer gemietet, direkt an der Vecht im Bistrotel t ´Amsterdammertje.

Das ist quasi eine Dependance vom renommierten Restaurant t´Amsterdammertje in Loenen. Der Inhaber hat hier in Nieuwersluis ein lange leerstehendes Gasthaus stilvoll renoviert. Wir haben ein Zimmer mit Balkon zur Flußseite, angenehmer Aufenthalt ist gesetzt.



Zum Diner laufen wir die Vecht entlang bis Loenen, das sind zwei schöne Flußkilometer, Blicke auf einige der prächtigen Buitenplaatsen inklusive. Hier hatten sich seit dem Gouden Eeuw im 17. Jh. reiche Amsterdamer Wohnsitze im Grünen bauen lassen, die auch heute noch aristokratischen Glanz ausstrahlen. Einige sind umgebaut zu Hotels und Firmensitzen, die meisten aber immer noch im Privatbesitz zur Eigennutzung.


Auch ein Schwesterschiff kommt in Sicht: Die Albin 25 "Frihet" liegt für die Nacht vertäut am Flußufer.


Schließlich in Loenen, eines der idyllischen Dörfer an der Vecht, hier im Groene Hart van Nederland.


Wir kehren ein im Restaurant De Drie Gekroonde Laarsjes, das ist bodenständig, mit einem feinen Touch. Gute Weine stehen auf der Karte, wir greifen zu...


Für den Rückweg nehmen wir die andere Flußseite, wieder feines Fluß- und Uferkino. Auf dem Weg liegt die Öffnung zur Mijndense Sluis. Durch diese legendäre Bogenschleuse ist ELAN schon öfter gefahren auf dem Weg zu den Loosdrechter Plassen (klick).


Schließlich wieder zurück im Hotel, warmes Licht begrüßt uns in der einsetzenden Dämmerung.


Der Freitag - jetzt geht es richtig los. Wir fahren früh zum Hafen, das sind von Nieuwersluis mit dem Auto nur 15 Minuten. Wir schaffen gerade noch die erste Schleusung und sind schon vor 10.00 auf der Vecht in Richtung Norden unterwegs.


Ein richtiges Ontbijt war heute nicht im Zeitplan, darum nur ein schneller Happen und kalter Kaffee auf dem Boot.


Alles geht superfix, wir sind deutlich vor 11.00 in Weesp, biegen wie schon so oft links ab auf die Smal Weesp, alle drei Brücken öffnen reibungslos hintereinander.


Eine berechtigte Frage könnte sein: "Warum habt ihr es an diesem Wochenende nur so eilig?" Nun, wir wollen am ersten Tag weiter fahren als nur bis Amsterdam, damit man auch bei zwei Nächten auf dem Boot eine etwas größere "Reichweite" hat. Folgende Tour ist geplant: Am Freitag durch Amsterdam, dann auf dem IJ und dem Nordseekanal bis zum Abzweig auf die Zaan. Da aber halten wir nicht wie im letzten Jahr, sondern fahren weiter die Zaan hinauf bis zum Jachthaven Swaentje in Westknollendam. Am Samstag dann eine nur kurze Fahrt bis De Rijp, dort die zweite Nacht und schließlich über den Nordhollandkanal zurück in Richtung Süden. Hier ist die Runde zu sehen.


Doch zunächst stoppen wir und machen in Weesp hinter der Roskambrug an der Kade fest. Es werden nämlich noch zwei Besatzungsmitglieder erwartet, die hier gut ihr Auto abstellen und bequem zusteigen können.


Dann weiter auf bekannter Route über die Weespertrekvaart in Richtung Amsterdam.


Bei herrlichem Wetter wieder auf der Amstel ins Herz der großen Wasserstadt, immer ein Highlight. ELAN gleitet weich durchs Wasser unter der Magere Brug.


Die Strecke ist bekannt, macht aber immer Spaß. Über die Nieuwe Herengracht durch das Oosterdok auf das IJ, da fahren wir vorsichtig ufernah. Das alles hier ist ja Hafengebiet von Amsterdam, somit eine vielbefahrene Wasserstraße. 

In Höhe Marina ist immer wieder verblüffend zu sehen, wie sehr sich die Kulisse hier in Noord in den letzten Jahren geändert hat. Auf dem alten Werfgelände NDSM wachsen neue Appartementtürme in den Himmel, alle in den letzten drei Jahren hochgezogen. Ein Stadteil im krassen Wandel.


Etwas weiter westlich gibt es noch Werften am Nordufer, allerdings nur für Reparaturen. Hier liegt gerade die Seven Oceans, ein Spezialschiff für die Verlegung flexibler Rohrleitungen auf hoher See.


Nach eine knappen Stunde sind wir am Abzweig auf die Zaan. Im letzten Jahr haben wir kurz danach in Zaandam im Jachthafen Dukra für eine Nacht Rast gemacht. Das war ein interessanter Aufenthalt (klick). Diesmal wollen wir aber weiter, wir passieren die historische, frisch renovierte Hondsbossche Sluis. Die ist richtig alt (1544) und wird heute in der Saison von Freiwilligen noch per Hand bedient. Die große Hauptschleuse ist heute den größeren (Berufs)schiffen vorbehalten.

Die Zaan ist ein nur 10 Kilometer kurzes Gewässer, es fließt vom nordholländischem Polderland bis runter auf Höhe Amsterdam. Aber dieser kleine Flußlauf war für die Entwicklung der Niederlande von immenser Bedeutung. An diesem Wasser entstand im 17. Jh., dem Golden Eeuw, das erste und größte zusammenhängende Industriegebiet Europas. 900 (!) Windmühlen waren der Motor dieser Entwicklung. Holzsägemühlen, Mühlen für die Mehl, Farb- und Papierherstellung drehten sich unablässig in noordholländischer Brise. In den Dörfern der Zaanstreek gab es 65 Schiffswerften. 1697 kam der russische Zar Peter der Große inkognito nach Zaandam, um hier hinter die besonderen Fertigkeiten des holländischenden Schiffbaus zu kommen. Mit der riesigen Handelsflotte der VOC machten die Niederlande in Indonesien reiche Beute und sorgten damit für einen immensen Wohlstand des aufstrebenden Bürgertums und so für den Aufstieg der Städte, zuvörderst den von Amsterdam. Von diesem alten Zustand an der Zaan zeugen noch einige Holzhäuser im charakteristischen Zaans Groen und vor allem die restaurierten Mühlen im Freilichtmuseum Zaanse Schans.




Wechsel ins 19. Jahrhunderts: Die Mühlen wichen den den Dampfmaschinen. Die Zaan wurde Sitz großer multinationaler Betriebe, vorzugsweise aus dem Bereich der Lebensmittelverarbeitung. Von hier kommen bis heute Zucker, Schokolade, Kakao, Mayonnaise aus großen Anlagen direkt am Flußufer. Es gibt aber auch einige alte Fabrikgebäude, viele umgewidmet zu Wohn- und Kantoorquartieren. Das alles zieht an einem beim Schippern über diesen kurzen aber faszinierenden Fluß vorbei. Über den Kakaofabriken liegt ein Duft von Schokolade, eine kostenlose Zugabe für uns auf dem Bootje ELAN.


Elan zieht durch, eigentlich sind alle Brücken hier für uns hoch genug. Aber dann in Wormerveer eine Überraschung: Boote warten, ein Stahlkörper liegt über dem Fahrwasser in sehr niedriger Höhe. Das ist eine Ersatzkonstruktion für die eigentlich höhere Oude Zaanbrug, die wird offenbar restauriert. Also heißt es warten, nach gut 10 Minuten aber dann freie Fahrt.


Zum Ende der Zaan wird es ländlich, der typische Noordholland-Charakter stellt sich ein im Landschaftsbild. Polder, kleine Kanäle, Borderijen, kleine Dörfer. Wir machen hier Quartier für die zweite Nacht. Unser Zielpunkt ist der Jachthaven Swaentje in Westknollendam. Hier war ELAN schon zweimal, auf der großen Runde im Juli 2016 nach St. Martinzee (klick) und in 2019 auf einer Runde durch Nordholland. Auch diesmal liegt das Bootje gut vertäut im Bild in der Mitte zu sehen, ringsum Holland pur.


Wir gönnen uns nach dem Anlegen einen kleinen Cocktailempfang auf dem Steiger.



Zum Abend dann Einkehr in die Hafenkneipe, schön gelegen direkt am Fahrwasser. Die heißt nach einem Pächterwechel vor ein paar Jahren The Old Rooster. Ich nehme, wie gestern in Loenen schon, einen holländischen Klassiker, nämlich Saté. Der Trip soll eine Vergleichsprobe in Sachen Saté werden. Danach die blaue Stunde, ELAN bietet sichere Heimstatt für die Nacht.


Der neue Tag, es ist Samstag. Wir nehmen Kurs auf Noordhollands größte Binnenwasserfläche, die heißt im nördlichen Teil Alkmaardermeer und südlich Uitgeestermeer. Eine ruhige Wasserwelt heute, wenig Wind, warm, ein diffus taubenblauer Himmel wölbt sich. Im letzten Jahr fuhren wir hier für die zweite Nacht westlich ab zum Jachthaven Zwaansmeerpolder, ein sehr schöner Hafen ist das (klick). Jetzt aber wollen wir weiter. Im Alkmaarder Meer gibt es kleine Inseln, eine steuern wir an und machen kurz fest. Das Starteiland ist im Privatbesitz eines Wassersportvereins. Die pflegen die Flächen da, gestatten auch Übernachtung an den Stegen, gegen Gebühr natürlich.


Wir tuckern weiter, biegen rechts ab auf den Noordhollandsch Kanaal, vorbei an West-Graftdijk bis Spijkerboor, alles kleine Polderdörfer auf dem platten Land in dieser gemütlich-ruralen Ecke der nördlichen Niederlande. Bei Spijkerbor dann ein Abzweig, eine niedrige Brücke gibt Durchlass auf einen Stichkanal der uns zu einem ganz besonderen Dörfchen führt.


Es ist das Dorf De Rijp! Dort gibt es einen kleinen aber feinen Hafen. Der wird unterhalten von dem WSV Eilandspolder. Passanten sind willkommen, wir melden uns telefonisch beim Hafenmeister an und erhalten einen schönen Liegeplatz.


Was ist das Besondere an De Rijp? Nun, es ist zunächst ein wirklich idyllisches Dorf, durchzogen von kleinen Wasserläufen, viel alte Bausubstanz, bestens unterhalten und gepflegt, in Teilen wie ein Freilichtmuseum anmutend.


Aber nicht nur kleine Holzbauten stehen hier, im Zentrum überrascht ein stattliches Rathaus aus dem Jahr 1630. Es dokumentiert mit seinen Ausmaßen die Bedeutung des Ortes im 17. Jh., dem Goldenen Zeitalter der Niederlande. Der berühmteste Sohn der Gemeinde ist als Bronzeguß an der Fassade verewigt. Der Architekt und Wasserbauingenieur Jan Adriaanszoon Leeghwater war maßgeblich für die Trockenlegung der nordholländischen Sumpfgebiete und der Entwicklung der Polder verantwortlich. Auch außerhalb der Niederlande legte er Sümpfe trocken, so in Bordeaux und Metz. Er nannte damals De Rijp "Het beste dorp van Holland". Heute trägt ihm zu Ehren die Polderlandschaft hier den Titel Land van Leeghwater.


Wir kaufen ein, verweilen kurz an Bord und nehmen dann unser Diner ein in der Oude Herberg. Die Saté Verkostung kommt hier zu einem Abschluß mit einer wirklich feinen Zubereitung.


Zurück zum Hafen, ein Absacker muß sein, ein schöner Roter aus dem Corbières steht im Glas.



Der Sonntag! Die Nacht war noch trocken, der Tag der Rückfahrt wird aber, wie angekündigt, eine ziemlich feuchte Angelegenheit.


Kurz nach dem Abzweig auf den Nordhollandkanal fängt es an zu regnen und wird das bis zum Heimathafen bis auf ein paar Unterbrechungen auch weiter tun. Egal, die Stimmung ist gut an Bord und ich denke an diesen Kanal, der nur kurz eine Bedeutung für den Handelsverkehr hatte. Mit der Einweihung im Jahr 1824 war das damals die wichtigste Wasserverbindung zwischen Amsterdam und der offenen See oben bei Den Helder. Die alte Route durch die Zuiderzee war aufgrund von Versandung immer weniger schiffbar geworden.


Doch als die bautechnischen Möglichkeiten bestanden, unternahm man das eigentlich Naheliegende und schuf eine viel kürzere Verbindung zur Nordsee direkt nach Westen: 1876 wurde der nur 25 Kilometer lange und viel breitere und tiefere Nordseekanal in Betrieb genommen. Die längere und engere Route durch ganz Noordholland wurde überflüssig. Heute schippern hier hauptsächlich Plezierboote, der Kanal wurde zum Genußgewässer. Für uns ist das aber heute, wie gesagt, eine nasse Sache. Es sind durchaus einige Kilometer zu machen. Die erste Unterbrechung ist die Schleuse in Purmerend. 


Danach geht es für 16 Kilometer stramm südwärts durch weite Felder bis Amsterdam. An der Willem I Sluis endet der Noordhollandkanaal, direkt ggü. Centraal Station. Links liegt der Sixhaven, das ist ja quasi ein Stammhafen vom Bootje, erst im Mai waren wir für zwei Nächte hier (klick).


Die Rückfahrt von hier ist Routine, wir queren die Stadt durch die Oude Schans, biegen links ab auf die Amstel, schließlich wieder auf die Weespertrekvaart. Da klart es nochmal etwas auf, wir können auf den letzten Metern durch Weesp und auf der Vecht das vordere Verdeck wieder öffnen.


Die Schleusung ist erst nach 18.00, wir sind zwar ab De Rijp ohne Stop gefahren, die Strecke ist aber doch mit 52km recht lang. Es ist ruhig auf dem Spiegelplas, bei dem Wetter gibt sich keiner dem sommerlichen Wasservergnügen hin. ELAN tuckert entspannt zurück in den Heimathafen.