Letzte Tour 2019 - Sturmfahrt nach Amsterdam - 26./27. Oktober

Ende Oktober, schon vor 1 1/2 Wochen wurde ELAN von Nederhorst nach Weesp zum Winterliegeplatz überführt (klick). Eigentlich ist damit die Saison zu Ende. Doch in diesem Jahr lockt ein Wochenende mit der Aussicht auf gutes Wetter noch einmal an die Vecht für eine Bootjestour.
Schnell ein letztes Mal schippern vor dem 1. November, denn das ist der eigentliche Stichtag für die Pleziervaart in den Niederlanden. Ab dann nämlich enden die Bedienzeiten für sehr viele Brücken und Schleusen auf Strecken, die vor allem von Freizeitskippern befahren werden. Nur die Verkehrswege für die Berufsschifffahrt werden in der Regel ganzjährig bedient. Also nochmal nach Amsterdam, nochmal für eine Nacht in den Sixhaven, das soll ein würdiger Abschluß für 2019 werden.
Bei Ankunft in Weesp jedoch zunächst Skepsis: Der Himmel ist dunkel und wolkenschwer, ein heftiger Wind bläst, in den Spitzen bis 5 Beaufort. Doch die Route ist ja bekannt, das Boot umso mehr, geht also los durch Weesp auf der Smal Weesp, alle drei Brücken öffnen zügig hintereinander.


Schon queren wir den Amsterdam-Rhijnkanaal und nehmen direkt ggü. die Weesper Trekvaart, alte Handelsverbindung nach Amsterdam. Da kommen drei niedrige Brücken, schon oft gefahren, eigentlich ist das Routine. Die erste ist die Driemondbrug, die wird auf Abstand bedient, d.h. es gibt vor Ort keinen Brückenwart. Ich wähle die Telefonnummer, es folgt eine automatische Bestätigungsansage, schon schließt sich die Schranke für Autos und Fußgänger und die Brücke öffnet. Die beiden Brücken in Diemen öffnen ebenso fix, da gibt es ein bemanntes Bedienhaus. Auf der Rückfahrt sollte es hier aber ein echtes Problem geben... 


Nach 30 Minuten ist man auf dieser Strecke "op de Amstel", herrliche Meter mitten in das Herz der großen Wasserstadt.


Pleziervaart gibt es nicht mehr, die Freizeitkapitäne sind alles schon im Winterschlaf. Stattdessen  jede Menge Ruderer, die Amstel ist klassisches Revier für den Sport.


Weiter Richtung Grachtengürtel kreuzen natürlich jede Menge Tourboote für Sightseeing, da gibt es in den letzten Jahren eine große Auswahl an Bootstypen und Angeboten. ELAN passiert das Smokeboat.


Auf der Nieuwe Herengracht unter ein paar niedrigen Brücken durch, die ELAN aufgrund ihrer niedrigen Höhe von 2,30m alle direkt passieren kann, erreicht man das Oosterdok. Da liegt am Scheepvaartmueum nicht nur wie immer der Nachbau eines VOC-Schiffes, sondern auch ein großer Dreimaster in klassischer Clipper-Optik. Es ist die Stad Amsterdam. Das Schiff wurde hier in Amsterdam auf der Damen Shiprepair Oranjewerf mithilfe von Arbeitssuchenden und Schulabgängern gebaut und befährt seit 2000 als Schul- und Charterschiff die Weltmeere.


Wir setzen über das IJ und ich bin dabei etwas beunruhigt, denn seit ein paar hundert Metern ist die Leistung deutlich reduziert und das Ruder flattert - ein Anzeichen, daß sich irgendwas in der Schraube verfangen hat.


Hier läuft ELAN auf den A-Steiger im Sixhaven zu, dank Webcam wieder mal aus der Vogelperspektive eingefangen.


ELAN liegt fest vertäut, also Zeit, um mal nach der Schraube zu sehen. Ich will ungern in das kalte Wasser, darum wird versucht, mit einem kleinen Besen die Schraube von oben wieder frei zu bekommen. Das gelingt, es hatte sich eine große Plastiktüte von Albert Heijn da festgesetzt.


Schöne Kulisse wie immer hier im Sixhaven, hinten der Adamtoren mit der großen Aussichtsplattform.


Am späten Nachmittag ein Bummel durch die Stadt, zur blauen Stunde schöne Stimmung in den Grachten. Die Lichterwochen haben noch nicht begonnen, trotzdem erstrahlt schon manches weihnachtlich. Im Bild unten die Magere Brug auf der Amstel, die leuchtet allerdings ganzjährig mit ihrer Glühbirnchen-Kette.


Ein Absacker auf dem Boot, dann in die Kojen. In der Nacht regnet es stark. Leider gibt es ein paar lecke Stellen an Deck, wo es dann doch etwas durchtröpfelt - muß dringend für die neue Saision gerichtet werden.


Der Morgen, schönes Licht kurz vor Sonnenaufgang, die Stadt erwacht. Im Sixhaven ist noch alles ruhig.


Doch ein lautes Schiffshorn läßt aufhorchen. So tuten die dicken Pötte hier bei Ausfahrt. Dabei liegt doch gar kein Kreuzfahrer im Hafen. Aber dann ein beeindruckendes Bild: Die Black Pearl kreuzt über das IJ in Richtung Noordzee. Der Dreimaster mit supermodernem Mast- und Segelkonzept (klick) ist mit 106 Meter Länge die drittlängste Segeljacht der Welt, gehört einem russischen Milliardär.




Wir verlassen Sixhaven um 12.15, geplant ist die Rückfahrt wieder über die Weesper Trekvaart. Vorher aber noch einmal am Kreuzfahrtterminal schauen, da liegt eine goldglänzende Jacht. Es ist die Bellamihair, das Schiff wurde als Promotion für Hair Extensions im Rumpfbereich knallgold mit spiegelndem Vinyl foliert.


Danach durch das Oosterdock wieder auf die Amstel und weiter auf die Weesper Trekvaart. Das Wetter klart auf, der Wind läßt nach, alles deutet auf eine gemütliche und fixe Tour nach Weesp hin. Doch es gibt eine böse Überraschung in Diemen - wieder mal. Es scheint für ELAN dort ein verhexter Ort zu sein. Im letzten Jahr gerieten wir im heißen Sommer auf der Mexikotour hier in die Diemenfalle (klick), im Herbst auf der Abschlußtour wurde es ziemlich eng mit Gegenverkehr (klick) und heute stehen wir vor den beiden Brücken und müssen einsehen, daß die offenbar außerplanmäßig geschlossen bleiben. Eigentlich ist laut Waterkarten-App bis zum 1. November ein Betrieb auch an Wochenenden gewährleistet. Auch wird in der App keine Störung angezeigt. Aber es tut sich nix, ich telefoniere, der Brückenwart ist nicht erreichbar. Also die ganze Strecke zurück! Um auf die Ausweichroute über den Amsterdam-Rhijnkanaal zu kommen, müßen wir wieder bis zum Oosterdock und von da über die Nieuwevaart bis zum Beginn des Kanal. Das kostet alles in Summe gut 90 Minuten. Diese Route sind wir schon öfter gefahren, es ist auch die schnellste Verbindung zwischen Amsterdam und Weesp, geht ohne Hindernisse immer geradeaus. Die Strecke hat aber für kleine Plezierboote natürlich ihre Tücken. Man kann im Notfall nicht einfach mal so festmachen und durch die großen Frachtschiffe schaukelt sich das Wasser oft ziemlich auf. Zum Glück haben wir Rückenwind, die Welle schiebt etwas, ELAN tuckert brav in einer Stunde die neun Kilometer bis zum Abzweig nach Weesp.



Da ist die Ortsdurchfahrt kein Problem. Zum letzten Mal in diesem Jahr öffnet der Brückenwart für uns die drei niedrigen Brücken auf der Smal Weesp. Wir gleiten auf die Vecht und sind nach fünf Minuten  bei der Jachtwerf Weesp. Einerseits froh, daß die Sturmfahrt nach Amsterdam doch gut gelaufen ist. Natürlich schwingt auch etwas Wehmut mit: Das war die letzte Fahrt mit ELAN in 2019. die Saison ist endgültig vorbei. Ein letzter Besuch wird nur noch das Aufbringen der Plane sein.